Das Kathuser Wilddieblied
Wer schleicht dort im nächtlichen Walde
so einsam wildernd umher
und hält in seiner Rechten
so krampfhaft fest sein Gewehr?
Da tritt aus dem nahen Gebüsche
ein stolzer Hirsch hervor,
er wittert nach allen Seiten,
hebt stolz sein Geweih empor.
Halt! Schurke, die Büchse herunter,
so tönt es von drüben her.
Dich Wilddieb, dich such' ich schon lange,
von der Stelle kommst du mir nicht mehr!
Der Wilddieb, er gibt keine Antwort,
er kennt seine sichere Hand:
Ein Knall und gleich drauf ein Aufschrei,
und der Förster liegt sterbend im Sand.
Dann drückt der Wilddieb dem Förster
die gebrochenen Augen zu
und flüstert ganz leise die Worte:
Gott schenke dir ewige Ruh'.
Du bist heut' im Zweikampf gefallen,
der Wilddieb reumütig spricht.
Du hast deine Pflicht treu erfüllet,
doch das, was ich tat, weiß ich nicht.
Er stellt sich im Dorf dem Gendarmen,
gepeinigt von Reue und Not.
Gott schenk' meiner Seele Erbarmen,
ich büße des Försters Tod.
Das Wilddieblied, das man so oder so ähnlich auch anderswo kennt, ist die „Kathuser Hymne", wurde aber immer seltener und mit weniger Strophen angestimmt. Anfang 1990 stellte Karlheinz Otto das Lied mit Hilfe von Wilhelm Heyer und anderen neu zusammen und vervielfältigte es für die Kathuser Wanderer und Sänger. Die „Seelochspatzen" Christei Wagner (Schifferklavier), Karl Wagner, Helmut Barth und Karlheinz Otto traten beim Kathuser Karneval als Bänkelsänger auf und trugen das Wilddieblied als Moritat vor. Die einzelnen Szenen der „schaurigen Geschichte" wurden durch Tafeln illustriert, auf die einer der Bänkelsänger mit einem Stock deutete.
Quelle
Otto, Karlheinz: Kathus – 650 Jahre und mehr. Trier: WVT Wissenschaftlicher Verlag Trier, 2009, S. 637